Auf der Suche nach einem neuen Standort

Der erste Anlauf geriet zum Fiasko: wir hatten eine angesehene Frankfurter Maklerfirma mit der Suche nach einem geeigneten Gebäude beauftragt, das wir am liebsten kaufen würden. Die Firma fand auch prompt eine „Perle”: ein dreistöckiges Gebäude in Frankfurts Industriegebiet an der Grenze zu Offenbach, unmittelbar am Main. Wir waren begeistert, glaubten nicht daran, dass jemals jemand mit uns den Kaufvertrag für ein so schönes Haus unterzeichnen würde, grübelten, wo wir in diesem unwahrscheinlichen Fall die 100.000.- Mark hernehmen sollten, die uns als Eigenkapital an der notwendigen Finanzierung fehlten und glaubten dem Makler nur zu gern, der versicherte, er werde auch das für uns regeln. Es war nicht zu fassen: der Kaufvertrag wurde unterzeichnet. Großer Jubel. Und Ängste: die Kaufsumme ist zum bestimmten Termin fällig; was, wenn’s der Makler mit der Finanzierung bis dahin nicht schafft? Aber von dort kam immer wieder Beruhigendes: „nun ja, diese Bank hat abgelehnt, aber ich habe da noch Kontakte zu jener anderen …” – Oh Mann! Hat der Typ uns über den Tisch gezogen. Denn vorab natürlich schon die Provision kassiert. Bei Kaufvertragsabschluß fällig. Satte 36.000.- Mark. Das waren bei uns damals die Umsätze von zwei Monaten. Es kam, wie es kommen musste: Am Schluss waren wir noch froh, dass der Hausbesitzer uns nicht in den Konkurs klagte, sondern mit der Auflösung des Vertragsverhältnisses einverstanden war – gegen Erstattung der Kosten, versteht sich. Danach waren wir um eine Erfahrung klüger. Und ein halbes Jahr lang war das Thema Projekt-Suche tabu.

Begeistert … gekauft … Makler bezahlt …
und wieder verloren:
‚unser‘ Fabrikgebäude in Frankfurt-Fechenheim.

Kaufvertrag geplatzt: das Fabrikgebäude in Fechenheim

Die Suche geht weiter

Aber es half ja nichts. Wir blieben unzufrieden. Die Stimmung war gereizt. Zudem verdichteten sich Gerüchte über den bevorstehenden Verkauf des Geländes. Von Eigentumswohnungen war die Rede, die danach hier entstehen würden. Das wäre dann das Ende der Gruppe und der ASH.

Dies wollte niemand und deshalb begann eine Zeit hektischer Suche. Zeitweilig waren zwei von uns täglich unterwegs, um ein geeignetes Objekt zu finden. Makler kamen ja nach den Negativerfahrungen eigentlich nicht mehr in Frage, wurden aber trotzdem kontaktiert. Ein, zwei Objekte erwiesen sich als zu teuer, andere waren zu verfallen. Zudem gab es Grundsatzstreit über den Standort: die einen wollten rein in die Stadt, die anderen möglichst weit draußen bleiben. Das Dilemma schien unlösbar.

Aber dann stießen wir auf die Krebsmühle.

Wie genau wir auf die Krebsmühle kamen, ist unklar. Wir müssen auf unseren LKW-Touren wohl des öfteren daran vorbei gefahren sein, nie aber war uns aufgefallen, dass das Gelände nicht bewohnt war. Irgendjemand brachte abends nebenbei die Rede auf das Gelände, meinte aber gleich, das sei viel zu groß, könnten wir uns im Leben nicht leisten.

Die Krebsmühle - damals.

Das Phänomen der Hanglage: Beim Vorbeifahren (von der Straße aus) wirkt das dreistöckige Hauptgebäude wie ein Flachbau. Leicht zu übersehen, zumal das Mühlengebäude und das alte Müllerhaus im Jahr 1978 verfallende Ruinen sind.

Ein Versuch kann nicht schaden …

Unsere Anfrage an Geschi-Brot

Unsere Anfrage an Geschi-Brot

So haben wir beim Liegenschaftsamt den Besitzer festgestellt und mit der Anwaltsfirma, die uns genannt wurde, brieflich Kontakt aufgenommen. Ob mit dem Gelände etwas Bestimmtes vorgesehen sei, wir wären an Pacht, Miete oder Kauf interessiert. Dazu muß man wissen, dass wir damals, nach der Makler-Auszahlung, bei einem Monatsumsatz von knapp 20.000 DM keine müde Mark mehr „auf der hohen Kante“ hatten.

Groß die Aufregung also, als dann tatsächlich Antwort kam: ja, man sei durchaus daran interessiert, in’s Geschäft zu kommen. Sowohl Miete, aber auch Pacht oder Kauf sei möglich. Ein Termin wurde vereinbart. Die beiden am seriösesten Aussehenden wurden entsprechend ausstaffiert. Der Treffpunkt wurde von der Schuhfabrik, unserem real existierenden Schmutzdomizil, soweit wie möglich entfernt festgelegt. Und dann war der Termin und unsere „Delegierten“ fuhren zum Treffpunkt, und kamen zurück, und damit schien die Seifenblase wieder mal geplatzt. Verhandlungsmasse lag auf dem Tisch: Mietpreis 18.000.- DM per Monat, Kaufpreis 2.200.000- DM, Mietkauf möglich, Mietkaufrate 17.000.- DM. Unmöglich. Viel zu teuer. Schöner Traum. Scheiße halt.

Die Antwort von Geschi-Brot

… und die prompte Antwort

Aber es läßt einen ja nicht los. Gegenangebot: die Firma ist noch jung, kann im Moment das Geld für Miete oder Mietkauf nicht aufbringen, könnte aber für billigeres Geld zunächst mal pachten und als Entschädigung alles in Ordnung halten. Und das Unwahrscheinliche geschieht: es kommt zu einem zweiten Termin, bei dem ein Vertrag über eine Pachtsumme von 7.000.- DM mit einjähriger Laufzeit angeboten wird. Jawohl, die Option für den Mietkauf auf der Grundlage der genannten Konditionen könne in den Vertrag aufgenommen werden.

Da saßen wir nun also und redeten uns die Köpfe heiß. Nein, einfach haben wir es uns nicht gemacht. Die Vernünftigen argumentierten mit den Tonnen an Brotmaschinen, die für teures Geld erst mal aus dem Gebäude rausgeschafft werden müssten, bevor man es in irgendeiner Form nutzen könne. Teilweise seien die Gebäude Ruinen. Dann die 7.000.- Märker monatlich. Die notwendige Renovierung. Und und und. Wir waren ja in der Tat gerade erst fürchterlich aufgelaufen – wer konnte denn sicher sagen, dass in dieser Geschichte nicht auch irgendwo das dicke Ende hinterher kommen würde.

… und ist am Ende erfolgreich.

Die VertragsverhandlungenKein dickes Ende diesmal. Keine 6 Wochen hat es gedauert, bis ein Pachtvertrag und ein – zeitlich limitierter – Mietkaufvorvertrag unterschrieben waren und wir einziehen konnten.

Die teils heftigen Diskussionen in der Gruppe dokumentieren wir (mit Originalunterlagen aus unserem Buch ‚Anders Leben – Anders Arbeiten‘) mit der angehängten Broschüre ‚Sechs sehr bewegte Wochen – unser Weg zur Krebsmühle‘ [56 Seiten, 12 MB] 

14 Monate hatten wir nun, unsere Ökonomie so aufzubauen, dass wir die dann fälligen Mietkaufraten bedienen könnten …

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Nun wartet eine Herkules-Aufgabe:

Diese Bilder der Hofgebäude zeigen den Zustand bei unserer Übernahme der Krebsmühle 1978. Das Bild des Mühlengebäudes mit dem über Jahre abgedeckten Dach spricht für sich. Unmittelbar – ohne umfassende Renovierung – nutzbar ist nur sehr wenig. Ein Berg an Arbeit (und Kosten) kommt auf uns zu …

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